Liber de Coquina - ein Kochbuch um 1300

Grundsätzlich gilt: Jedes überlieferte Rezepte ist jeweils nur für diesen einen Koch, zu dieser Zeit, in seiner regionalen Küche gültig. Zudem gilt wohl das gleiche wie heute: ist z.B. ein Gewürz gerade nicht verfügbar war, oder stehen andere saisonale Kräuter zur Verfügung wird auch dieser Koch das Rezept abgewandelt haben.


Trotzdem bieten uns mittelalterliche Kochbücher Einblicke und Vorlieben in die Küche des Mittelalters: Seit den Römern klafft in der europäischen Geschichte eine Lücke an überlieferten Rezepten. Erst ab dem Ende des 13. Jhdts sind wieder Kochbücher überliefert.

 

Folgende Werke finden sich im 13. Und 14. Jahrhundert:

 

"Libellus de arte coquina" Dänemark, Ende des 13.Jhdt.

"Tractatus" Frankreich um 1300

"Liber de Coquina" Italien um 1300

"Enseignements" Frankreich um 1300

"Buoch von guter spise" Deutschland (Würzburger Pergamenthandschrift)1350

"Viandier" Frankreich um 1380

"Menagier de Paris“Frankreich um 1393

 

(Tractatus und) Liber de Coquina

Es ist ein in zwei Codices aufgeteiltes Werk, das im Gesamten zumeist als „Liber de Coquina“ bezeichnet wird. Es stammt von Anfang des 14. Jahrhunderts erhalten. Beide werden heute in der Bibliothèque nationale de France in Paris aufbewahrt.

 

Die zwei unabhängig voneinander bestehende Codices werden als Tractatus (Teil 1) und Liber de Coquina (Teil 2) bezeichnet.

 

Die Titel stammen aus Randnotizen des oder der mittelalterlichen Bearbeiter.

Es finden sich bis auf einzelne Ausnahmen keine genauen Mengenangaben, sondern setzen vorhandene Kochkenntnisse und Erfahrung des Lesers voraus. Dies wird auch heute noch in Profikochbüchern so gehandhabt.

 

Tractatus (Teil 1)

Der Autor war vermutlich ein interessierter Laie, wahrscheinlich ein Adliger oder zumindest ein gebildeter Zeitgenosse, der im Zuge seiner Reisen auf verschiedenen französischen Adelshöfen zu Gast war und eine Rezeptsammlung anlegte. Vom Stil her handelt es sich eher um eine Zettelsammlung, die über mehrere Jahre hin entstand - wie der Autor selbst anmerkte - und eher hastig in Buchfassung gebracht wurde.


Einteilung nach diätetischen Gesichtspunkten:

  • Wein, 
  • Geflügel,
  • Fisch, 
  • Gerichte für vornehme Leute, 
  • Hülsenfrüchte, 
  • Gebäck, 
  • Saucen und anderes.

 

Liber de Coquina (Teil 2)

Der zweite Teil stammt wahrscheinlich von einem unbekannten professionellen Koch aus der Gegend von Neapel, eventuell am Neoploitanischen Hofe. Die Hinweise auf einen Herren, dem die Gerichte "mit Pomp" serviert werden sollen, legt diese Vermutung nahe.

 

Deutlich merkt man den Unterschied in der Schreibweise der Rezepte, die hier wohl eher an Kollegen gerichtet sein dürften. 

Es gibt einige Hinweise, dass es sich hier um eine lateinische Übersetzung eines italienischen Kochbuches handelt. Die ursprüngliche Fassung kann um 1250 oder früher vermutet werden (vgl. Robert Maier, 2005). Maier zitiert auch Anna Martelottis Ansicht, der Autor sei wahrscheinlich am Hofe Friedrichs der II (1194-1250) zu suchen. Maier erwähnt nicht näher beschriebene Hinweise die den Autor auf den Hof von Carlo II d’Angio in Neapel 1285-1309 vermuten lassen - die hervorragenden Handelsbeziheungen der Amalfiküste mit dem Orient würden in diesem Fall den orientalischen Einfluss in den Rezepten erklären.


Die Einteilung der Gerichte erfolgt zusätzlich zu den Themengebieten nach dem Schwierigkeitsgrad der Zubereitung der Rezepte: 

  • Gemüse, 
  • Geflügel, 
  • Mehl und Eiergerichte, 
  • Fische,      
  • Gerichte aus vielen Zutaten (z.B: Pasteten)

 

Die lateinischen Texte zum Nachlesen findet man online auf der Homepage der Universität Giessen: Tractatus und Liber de Coquina.

 

Eine empfehlenswerte Gegenüberstellung der lateinischen Texte mit deutschen Übersetzungen samt einer kurzen wissenschaftlichen Aufarbeitung ist in Buchform im F.S. Friedrich Verlag erschienen: Robert, Maier; Liber de Coquina. Das Buch der guten Küche. Frankfurt, 2005.


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