Medizin

Die Medizin im Mittelalter ist ein schwer durchschaubares Feld - ganz ähnlich, wie es auch heute dem nicht Eingeweihten oft nicht klar ist, wer welche Ausbildung und Zuständigkeit hat.

Grob unterscheiden lassen sich auf den ersten Blick die akademischen Mediziner, welche seit dem 10. Jahrhundert in italienischen Ärzteschulen (zu nennen wäre vor allem Salerno als die älteste) ausgebildet wurden, die Mönchsärzte, welche ihre Ausbildung von ihren Brüdern erhielten und im frühen Mittelalter die Basis der medizinischen Versorgung darstellten. Hier findet sich allerdings schon die erste Überschneidung: etliche medizinische Handschriften aus Salerno wurden von Mönchen verfasst, welche wohl die Ersten waren, die dort ärztlich tätig wurden. Erst später kamen auch Laien, um dort zu lernen, auch Frauen waren darunter (durchaus in leitender Position).

 

Als im Jahr 1163 die Kirche im Konzil von Tours feststellte: "ecclesia abhorret a sanguine" (Die Kirche schreckt vor Blut zurück), war das Ende der Mönchschirurgen eingeleitet. Da mit diesem Dekret den Geistlichen die operative Tätigkeit untersagt wurde, mussten sie das Feld den Laien überlassen und sich auf jenes Gebiet beschränken, dass heute mit dem Begriff Innere Medizin bezeichnet wird.

Dies hatte zur Folge, dass sich Chirurgie und Innere Medizin aufspaltete und es jahrhundertelang auch so blieb. Mindere Tätigkeiten wurden zusätzlich von Handwerkern betrieben, namentlich den Badern. Dies führte vor allem beim Aderlass zu jahrhundertelangen Diskussionen wer diesen nun durchzuführen habe.

Der Bader

Eine Salernitanische Handschrift über Frauenheilkunde erwähnt einige sehr detaillierte Anweisungen für die Zubereitung und Anwendungsweise von Heilbädern. Da der Bader mit dem Zubereiten jener Bäder und der Beratung über den richtigen Zeitpunkt und die richtige Anwendungsweise dieser Bäder Bescheid wusste, hatte man hier einen weit verbreiteten Beruf mit medizinischen Kenntnissen zur Hand. Welcher Art diese Kenntnisse waren, ist jedoch schwierig zu sagen. 

 

Der im mittelalterlichen Medizinsystem der Säftelehre verbreitete Aderlass wurde auch bald von den Badern durchgeführt. Ob selbständig oder nur auf Anweisung von Ärzten hing in erster Linie von den lokalen Bestimmungen ab. 

 

Der Chirurgicus

"Von den Instrumenten" - Buch der Cirurgia, S. XIX. Strassburg, 1497
"Von den Instrumenten" - Buch der Cirurgia, S. XIX. Strassburg, 1497

Neben den sogenannten Badern und Barbieren, die es in ganz Europa gab, und die auch landläufig bekannt sind, gab es durchaus auch akademisch geschulte Chirurgen im Mittelalter. Dies waren vor allem die italienischen Chirurgen, die eine hohe Ausbildung genossen, aber auch in anderen Europäischen Ländern bemühten sich viele Chirurgen um eine Reglementierung ihrer Tätigkeit, um eine hochqualitative Ausbildung sicherzustellen, so etwa in England, wo im 16. Jahrhundert die Royal Company of barbers and surgeons eingerichtet wurde, oder in Frankreich, wo die Chirurgen des Ordens von St.Côme et Damian (St. Cosmas und Damian, bis heute die Schutzpatrone der Ärzte und Chirurgen) den Wildwuchs unter den handwerklichen Chirurgen einzudämmen versuchten.

 

Gerade diese akademisch gebildeten Chirurgen verfügten über beachtenswerte Fähigkeiten und es sind aus späteren Jahrhunderten auch Lehrbücher auf uns gekommen. Ein Beispiel dafür ist das deutschsprachige "Buch der Cirurgia", welches 1497 in Strassburg erschien. Während der Lektüre dieses Buches fällt sofort die hohe Wertigkeit auf, die der Autor Hieronymus Brunschwig der Beobachtung beimisst. Er zitiert häufig aus den damaligen Standardwerken und beruft sich oft auf berühmte Fachkollegen, allerdings werden zu beinahe jedem Krankheitsbild Fallbeispiele aus dem Erfahrungsschatz des Autors angeführt.

 

Auch die in zahlreichen Abbildungen dargestellten und minutiös beschriebenen Instrumente weisen auf einen hohen Grad an Spezialisierung und eine profunde Fachkenntnis hin. Des weiteren zeigen die Illustrationen, dass gute anatomische Kenntnisse auch zu dieser Zeit schon im deutschsprachigen Raum verfügbar waren, etwa ein halbes Jahrhundert bevor Andreas Vesalius sein berühmtes Werk verfasste.

 

 

Der Medicus


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